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Einweihung der evangelischen Kirche in (Duisburg) Laar 1908

 

Bericht der Ruhrorter Zeitung

Das Presbyterium

Baubeschreibung

 

 

Festschrift

zur Feier der Einweihung

der neuen Kirche in Laar (Duisburg-Ruhrort)

am 14. und 19. Juli 1908

 

Die Evangelische Gemeinde zu Laar in Duisburg-Ruhrort hat wohl noch ihren alten Namen bewahrt; doch ist die kleine Ansiedlung von Schiffern und wenigen Landwirten längst aufgegangen in der niederrheinischen Industriestadt. Wohl ist noch ein Stamm Alteingesessener vorhanden, die zu erzählen wissen von der Zeit, wo die Anwohner in der Emscher ihre Fischreusen setzten, von den großen Nöten der Hochflut des Rheins 1855, wo der Nordsturm die schweren Wogen über das Beeckerwerth gegen die letzten Häuser – an der heutigen Werthstraße – heran wälzte. Aber die meisten von uns sind zugewandert, und schwer ist's Wurzel zu fassen und zu gedeihen, wo das Leben so wenig Ruhe lässt. Die glühenden Feuer der Hochöfen werfen des Nachts ihren mächtigen Schein in die Wolken, nie verstummt das Rollen der stolzen Maschinen. Wie anders ist dieser Lebenskreis wie die Heimat des Arbeiters, der von den Höhen des Hunsrück, des Westerwaldes herabkommt, weil das Land seine Bewohner nicht alle zu nähren vermag. Der lockende Gewinn zieht herbei den Polen, den Italiener. Sie alle siedeln sich an. Sie bilden eine Stadtgemeinde. Sind sie ein Volk? Wie sollte das zugehen!

Laar war eine alte evangelische Ansiedlung, zur Gemeinde Beeck gehörig, die, schon in der Reformationszeit dem Evangelium zugefallen, in all den schweren Nöten der spanischen Kriege treu ausgeharrt hatte bei der reinen reformierten Lehre. Seit den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts war Laar langsam aber stetig gewachsen, infolge der Anlage des Hüttenwerks Phoenix, das in der letzten Zeit zu beherrschender Stellung emporstieg. Wie überhaupt im Industriegebiet, so war auch hier die Mehrzahl der Zuziehenden katholisch. Und so geraten die ursprünglich rein evangelischen Gemeinden in die Lage der Diaspora. Doch auch die evangelische Gemeinde zu Laar erstarkte, nicht nur an Zahl, auch pekuniär. Sie begann ihre eigenen Interessen innerhalb der Gemeinde Beeck kräftig zu vertreten. Der jugendlich Aufstrebende ist stets seinem Hause unbequem, und so beschloss denn dieser Spross, sich selbständig zu machen.

Frau Kommerzienrat Haniel hatte den Laarern einen Platz geschenkt für ein zukünftiges Bethaus. Da keine zum Besitz berechtigte Gemeinde vorhanden war, so wurde das Grundstück dem Arbeiterverein Laar übergeben. Er war die einzige kirchliche Korporation für den Bezirk. Als Besitzer eingetragen wurde, auch für die nachher erbaute Kapelle, der jetzige Kirchmeister C. Cloos. Die Gemeinde Beeck hatte schon seit Mitte der neunziger Jahre einen selbständigen Hülfsprediger in Laar angestellt. In bestem Gedenken stehen die damaligen Pastoren Tetzlaff (jetzt in Solingen) und Haberland (jetzt in Cottbus) bei den älteren Gemeindemitgliedern. Der erste selbständige Pfarrer der Gemeinde war H. Forsthoff (jetzt in Mülheim a. d. Ruhr). Er fasste mit Energie und Mut das Ziel der festen Begründung unserer Gemeinde. Im persönlichen Verkehr mit allen Gliedern der Gemeinde und durch energische Organisation brachte er schnell den vorhandenen kleinen Kirchbaufonds auf eine große Summe. Er interessierte auch weitere Kreise, und ihm ist ohne Zweifel das so baldige Zustandekommen des Kirchbaus in erster Linie zu verdanken. Dass die Gemeinde opferwillig war, hatte sie schon vorher bewiesen bei dem Ankauf einer Orgel für die Kapelle. Die 3000 M für das von Walcker in Ludwigsburg erbaute Werk waren durch freiwillige Gaben aufgebracht.

Die Kapelle lag recht ungünstig, war nicht sehr solid gebaut und schlecht heizbar; an den Feiertagen bot sie den Besuchern nicht genügenden Raum. Das Gestühl war unbequem; und so alt er schon war, noch immer klebte der Anstrich. All die kleinen Einzelheiten kamen zusammen, den Wunsch nach einer neuen, würdigen Kirche immer lebhafter zu machen. Nicht zuletzt war es auch der Drang, ein Wahrzeichen der Zusammengehörigkeit inmitten der starken katholischen Bevölkerung zu schaffen, einen weithin sichtbaren Sammelpunkt für die Glaubensgenossen.

Aber nun die Geldfrage! Die Gemeinde brachte bei einer kirchlichen Umlage von 50% der Einkommensteuer etwa 11000 M jährlich auf. Bei aller Sparsamkeit konnte man davon doch nicht genug erübrigen, um in absehbarer Zeit einen ausreichenden Fonds zu schaffen. Schon im Jahre 1899 schenkte die Aktiengesellschaft für Bergbau- und Hüttenbetrieb Phoenix ein Kapital von 3000 M für einen Kirchbauplatz.

Der Jungfrauenverein, unterstützt von Frauen aller Stände, veranstaltete einen Bazar, der 2100 M Reingewinn ergab. Von dieser Summe wurde im Jahre 1908 eine der Glocken bezahlt. Der evangelische Spar- und Bauverein stellte seine Überschüsse im Betrage von 5100 M  für die Beschaffung  einer  größeren Orgel zur Verfügung. Die rheinische Provinzialsynode gab 1500 M. Man schritt  zur  Einführung  einer Pfennigsammlung,   die  von den jungen Mädchen der Gemeinde abgehalten wurde. Sie brachte in wenig über zwei Jahren 5735 M ein. Der gemischte Chor (zugleich Kirchenchor) steuerte aus den Erträgnissen seiner alljährlich veranstalteten recht erfolgreichen Konzerte zu dem Fonds bei. Auch der evangelische Arbeiterverein trug fleißig zu dem Werke bei. Auf allen Hochzeiten, Kindtaufen, bei passenden und unpassenden Gelegenheiten erklang das Sammelglöcklein. Der Eifer war wirklich groß. Der Schatzmeister für die Kirchbaukasse war zuerst der Älteste Herr Rotthaus; nach dessen Tode übernahm Herr Kirchmeister C. Cloos das Amt und hat es neben seinen zahlreichen sonstigen Ehrenämtern mit der ihm eigenen Genauigkeit und Treue bis zum heutigen Tage geführt. Das gab viel Last und Sorge, und er freut sich auf den Tag, wo die letzte Anweisung auf den Kirchbaufonds unterzeichnet ist. Nach längerem Erwägen gelang es, in günstiger Lage, in noch freiem Gelände durch freundliches Entgegenkommen der Erben Scherrer und der Familie Haniel einen Platz zu sehr mäßigem Preise zu sichern. Auf Anregung der städtischen Verwaltung, die unter der weitblickenden Leitung des Baurats Jording der baulichen Ausgestaltung des entstehenden Stadtteils die ernstlichste Aufmerksamkeit widmete, wurde später ein größeres Stück zugekauft, so dass die Kirche ganz frei in eine Straße zu liegen kam. Dadurch wurden drei Bauplätze frei, die vorteilhaft verkauft wurden. Der Platz kostete 45000 M, die Bauplätze brachten 27900 M. Mit liebenswürdiger Eindringlichkeit wusste der Pfarrer Forsthoff immer neue Geldquellen zu erschließen. Die Gustav-Adolf-Vereine begannen sich für die Gemeinde zu interessieren, zumal Herr Superintendent Terlinden in Duisburg, zugleich Vorsitzender des Rheinischen Hauptvereins der Gustav-Adolf-Stiftung, sich der Gemeinde mit großer Freundlichkeit annahm. Die Gustav-Adolf-Vereine haben bis Oktober 1905 1045 M der Gemeinde zugewendet, von da bis April 1908 noch 3165 M, darunter 1000 M durch die Hand des Hauptvereins in Leipzig von einem unbekannten Geber. Ihm sei heute ein besonders herzlicher Dankesgruß gesandt!

Nun wurden Entwürfe zum Kirchbau eingezogen. Die Kosten sollten im ganzen die Summe von 115000 M nicht überschreiten. Dafür hätte die Aufnahme einer Anleihe von 60 – 65000 M ausgereicht, deren Verzinsung infolge der wachsenden Steuerkraft der Gemeinde wohl möglich schien. Es lagen mehrere gute Projekte vor. Den Ausschlag gab es, als Herr Architekt F. Niebel, Düsseldorf anbot, die Kirche in echtem Stein auszuführen und hierzu einen einfachen und schönen Entwurf vorlegte. Seine Pläne wurden genehmigt. Doch verging über den Beratungen und den erforderlichen Schritten bei den Behörden noch ein halbes Jahr. Und in dieselbe Zeit fiel die große Preissteigerung des Materials und der Löhne infolge der Hochkonjunktur. Als wir zu den endgültigen Verhandlungen mit Herrn Niebel zusammentraten, war eine Preissteigerung von 15 – 40 % festzustellen. Es wurde ernstlich erwogen, den Bau auf einige Jahre hinauszuschieben.

Hinzu kam die große Beunruhigung durch das Scheiden des Pfarrers Forsthoff, der im Frühjahr 1906 nach Mülheim an der Ruhr gewählt wurde, und der in den ihm von früher her vertrauten und größeren Wirkungskreis einzutreten sich genötigt fühlte.

Sein Nachfolger, der Pfarrer Horn, war nach achtjähriger Tätigkeit im Schulamte, erst etwa ein Jahr, und zwar in Laar als Hilfsprediger, im geistlichen Amte tätig. Er war infolgedessen wohl in die Lage der Verhandlungen und die ganzen Verhältnisse eingeführt, aber dennoch war der Wechsel in der Leitung der Geschäfte in so kritischem Augenblicke sehr besorgniserregend, und man nahm dem Pfarrer Forsthoff sein Scheiden um so mehr übel, als man ihn so sehr schätzen gelernt hatte.

Dennoch an der Ausführung des Projekts festzuhalten, bewog uns der Umstand, dass der lebendige Eifer stark genug schien, die Gemeinde zu großen Leistungen anzuregen, dass ferner die Steuerkraft der Gemeinde, infolge der guten Lage der Industrie und namentlich der Aktiengesellschaft Phoenix unter der weit-schauenden und höchst energischen Leitung des Herrn Generaldirektor Kamps, sich bedeutend gehoben hatte.

Wir vergaben den Bau im ganzen, mit Ausnahme der Orgel, der Beleuchtungskörper, der Uhr und der Glocken, dem Architekten Niebel zur runden Summe von 120000 M. Hierzu bewogen uns die schlechten Erfahrungen, die Nachbargemeinden bei Einzelvergebungen gemacht hatten. Die Persönlichkeit unseres Baumeisters bürgte uns für eine gewissenhafte und glänzende Ausführung, und wir hofften des so schädlichen Spieles persönlicher Interessen überhoben zu sein.

Der Erfolg hat uns insofern recht gegeben, als die Gemeinde zu immerhin sehr mäßigem Preise ein eigenartiges, in allen Zügen zusammenstimmendes Bethaus von ernster und doch freundlicher Schönheit erhalten hat. Die unvermeidlichen Erregungen blieben dennoch nicht aus. Man kann es nicht allen recht machen, man kann auch bei dem Ineinanderwirken mannigfacher Interessen nicht stets das Richtige ganz verwirklichen, zumal man hinterher leicht klüger ist als zuvor.

Unter großem Entgegenkommen auf unsere Wünsche in fast allen Einzelheiten wurde der Bau in echter Solidität und peinlich sauberer Ausführung zur vollen Zufriedenheit der ganzen Gemeinde hinausgeführt.

Doch schauen wir zurück! Während der Vorbereitungen flossen die Gaben reichlich zu. Aus dem Ablösungsfonds für Hauskollekten bewilligte uns das Königliche Konsistorium 10000 M. Ebenso wurde für den Kirchbau der Gemeinde in der Rheinprovinz eine Kirchenkollekte abgehalten, die 3109,94 M einbrachte. Die Aktiengesellschaft Phoenix stiftete 10000 M, Herr Generaldirektor Kamp 1000 M für eine schönere Gestaltung des Innenraumes der Kirche. Hierdurch wurde es ermöglicht, dass dieser in stimmungsvoller Schönheit durchgeführt wurde. Zur Deckung des Restes der Kosten genehmigte uns die Behörde eine Anleihe von 80000 M. 40000 M wurden zu 4 1/5 % Verzinsung und 1 % Amortisation bei der Landesbank der Rheinprovinz aufgenommen; 1 1/2 % Unkostenbeitrag wurden uns bei der Auszahlung des Dahrlehns abgezogen. Waren dies schon Zeichen teurer Zeit, so wurden die Verhältnisse gegen unsere Erwartung im Jahre 1908 noch schlechter, sodass wir in großer Sorge waren. Aus dieser befreite uns Herr Kommerzienrat Kamp, indem er uns, auf zwei Jahre unkündbar zu 4 1/4 %, von da an zu 4 1/2 % die Summe von 40000 M vorschoss. Da außerdem die Gemeinde seit ihrem Bestehen stets 50 % der Einkommensteuer als Kirchensteuer aufgebracht hatte, und infolgedessen jährlich einen Überschuss von 3000 – 4000 M zum Kirchenbaufonds hinzufügen konnte, so schienen die Unkosten Deckung zu finden.

In der Sitzung am 2. November 1906 wurde der Bau an Herrn Niebel übertragen. Die Repräsentation beschloss, Herrn Baurat Jording-Ruhrort zu bitten, die Oberaufsicht über die Bauausführung ehrenamtlich zu übernehmen. Bei Streitigkeiten zwischen der Gemeinde und dem Architekten sollte er in letzter Instanz entscheiden. Wir freuen uns, dass dieser Fall bisher nicht eingetreten ist. Herr Baurat Jording übernahm das Amt zu seiner sonstigen reichen Berufsarbeit und führte es mit lebhaftem Interesse zum großen Nutzen des Werkes. Auf seine Anregung wurde zunächst der mit 1,50 m schon recht hohe Sockel der Kirche auf 2 m erhöht, was zwar eine Steigerung der Kosten um fast 3000 M veranlasste, aber der Gesamtwirkung der Kirche, namentlich von der Rheinseite aus, sehr förderlich ist. Er hat dann bei allen Fragen die Repräsentation, die in weitestem Sinne, auch über den von der Kirchenordnung gegebenen Rahmen hinaus, bei allen Entscheidungen mit ernstem Interesse mitwirkte, mit seinem Rate unterstützt.

Der strenge Winter 1906/07 verhinderte den Beginn der Arbeiten. Im Februar begann man auszuschachten. Der Grund erwies sich als sehr günstig, so tief man kam, fester, geschlossener Lehm. Bei uns ist der Boden so undurchlässig, dass das Hochwasser eher zu den Kellerlöchern hereinläuft, als es durch den Boden hineinsickert.

Am 28. April wurde der Grundstein gelegt unter allgemeiner Beteiligung der Gemeinde. Hier möge folgen der Bericht der Ruhrorter Zeitung über das Fest.

Duisburg-Ruhrort, 22. 4. 1907.

Ein Weihetag und ein Sonnentag! Unsere evangelische Gemeinde Laar feierte gestern die Grundsteinlegung ihres Gotteshauses, dessen Pläne wir in der letzten Woche kurz beschrieben, und die gesamte Kirchengemeinde nahm innigen Anteil an dem denkwürdigen Ereignis, das mit schlichtem, aber schönem Feste gefeiert wurde. Im Frühgottesdienst, den der Kirchenchor durch seine prächtigen Weisen verschönte, sprach Herr Pastor Forsthoff (Mülheim a. d. Ruhr), unser früherer Seelsorger, über Psalm 121; er gab der Freude ob des mit Gottes Hilfe Erreichten Ausdruck und ermahnte die Gemeinde, späterhin auch das fertige Gotteshaus in ihr Herz zu schließen und es mit Andacht aufzusuchen, wenn der Herr rufe. —

Der Bauplatz trug Dank der Beihilfe unseres Phönix und seiner Leiter ein festliches Gewand – Flaggen und Fahnen, frisches Grün kleideten ihn trefflich. Hier fand am Nachmittage die Grundsteinlegung statt. Der Kirchenchor leitete die Feier mit dem Psalm 121 ein, Herr Pastor Horn folgte mit einer Schriftverlesung aus Psalm 90, die Gemeinde sang die ersten zwei Strophen des Lutherliedes, dann nahm Herr Superintendent Terlinden (Duisburg) das Wort, um über einen Text aus Jesaias zu sprechen. Er wies darauf hin, dass nicht nur rauchende Schornsteine, dass auch Gotteshäuser und Kirchtürme gen Himmel ragen, dass nicht nur Rauchwolken dahinziehen, sondern auch das Wort Gottes und Gottes hehre Lehre durchs Land ziehen solle. Er flehte Gottes Segen auf die Kirche und die Gemeinde herab und mahnte die Gemeindeglieder, treu zur Kirche und zum Glauben zu stehen. Herr Pastor Horn verlas folgende Urkunde:

Die evangelische Gemeinde zu Laar, Bezirk Ruhrort der Stadt Duisburg ist seit dem Jahre 1900 von der Gemeinde Beeck abgezweigt. Sie zählt etwa 3800 Seelen. Die Gemeindeglieder sind zum größten Teil Beamte und Arbeiter der Eisenwerke Hütte Phönix, Emscherhütte und Rheinische Stahlwerke oder der mit diesen zusammenhängenden Industrien oder Gewerbetreibende. Diese haben durch die erfolgreichen Bemühungen ihres Pfarrers Heinr. Forsthoff (1900 – 1906), durch Opferwilligkeit von Gemeindegliedern aller Stände, je wie sie es vermochten, die Summe für den Bauplatz, die sich auf über 30 000 Mark deutscher Reichswährung belief, zusammengebracht. Ferner haben sie, unterstützt durch bedeutende Schenkungen einzelner Freunde und verschiedener Vereine, sowie durch die brüderliche, freigebige Hülfe der evangelischen Kirche in der Rheinprovinz und der Gustav-Adolf-Vereine in der Nähe und der Ferne noch über 60000 Mark gesammelt. Das Entgegenkommen der Stadt Duisburg befreite die Gemeinde von beträchtlichen Baulasten, und es konnte nun nach Aufnahme einer Anleihe von 80 000 Mark zur Ausführung des Baues geschritten werden.

Diese wurde dem Architekten Fritz Niebel zu Düsseldorf übertragen, der auch den Plan zur Kirche entworfen hatte. Begonnen wurde der Bau im Februar 1907, die Vollendung erhoffen wir zum Juli 1908.

Pfarrer der Gemeinde ist seit der Berufung des Pfarrers Heinrich Forsthoff nach Mülheim a. d. Ruhr Friedrich Karl Horn; die Gemeindevertretung setzt sich zusammen aus dem unterzeichneten Presbyterium und folgenden Repräsentanten:

Andreas Altgeld, Ernst Fischer, Peter Giesen, Herm. Hoffmeister, Otto Honderich, Heinrich Kamp, Friedr. Kessler, Julius Klaffke, Wilhelm Kunz, Ulrich Kurz, Wennemar Lacum, Philipp Munzert, Léon Olpe, Bernhard Pierburg, Friedr. Ring, Heinrich Weller, Math. Ströpken, Friedr. te Heesen, Karl Schopen, Wilhelm Tiemann, Franz Volkenrath, Friedr. Rosendahl.

Die Grundsteinlegung wurde vollzogen durch Herrn Superintendenten Terlinden aus Duisburg.

Gott der Herr segne dies Haus und seine Gemeinde; der Name Jesu Christi werde in ihm lauter und rein verkündigt; der Geist des Friedens vollende Sein Werk und bewahre Herzen und Sinne derer, die da predigen und zuhören, bei der Gnade Jesu Christi!

Im Jahre des Heils 1907, den 21. April.

Das Presbyterium der evangelischen Gemeinde zu Laar:
Heinr. Forsthoff, Pfarrer,
Friedr. Horn, Pfarrer,
Herm. Terlinden, Superintendent,
Carl Cloos, Ältester,
Wilh. Lacum, Ältester,
Clem. Kampen, Ältester,
Heinr. Gooßes, Diakon,
Wilh. Kreck, Diakon.

Nachdem die Urkunde und einige Münzen in den metallenen Behälter getan, dieser verschlossen und in den Grundstein eingefügt war, folgten die Hammerschläge. Herr Superintendent Terlinden führte den Hammer mit Psalm 127 Vers 1: „Wenn der Herr nicht das Haus baut, dann arbeiten umsonst, die daran bauen." Herr Pastor Horn sprach: „Ein feste Burg ist unser Gott, – Und wenn die Welt voll Teufel wär – Das Wort sie sollen lassen stahn." Herr Kirchmeister Cloos: Bis hierher hat der Herr geholfen, – der Herr hilft – der Herr wird weiter helfen." Dann folgten die anderen Vertreter unserer kirchlichen Gemeinde und die Herren Beigeordneter Schlosser, Baurat Jording, Pastor Forsthoff, dann sang nochmals der Kirchenchor, die Gemeinde wurde mit dem Segen des Herrn entlassen, die Grundsteinlegung war beendet."

Der Architekt hatte die Bauausführung der Firma Kreetz & Balduin in Beeck übertragen. Den ganzen Tag war der Herr Kreetz auf dem Bau, und die Gemeinde dankt seiner Gewissenhaftigkeit und ruhigen Energie die vorzügliche und solide Ausführung der Maurer- und Zimmerarbeiten. In die Baukommission waren außer dem Pfarrer die Herren Cloos, Kampen, Kurz, Wennemar Lacum, Ring, Tiemann gewählt. Es gab wohl viel Arbeit, aber noch mehr Anregung und Freude. Der Rohbau wuchs herauf, die gewaltigen Sandsteinquadern wurden von groß und klein bestaunt, mit Sorgen wurde die Montierung der schweren Stücke verfolgt. Kein Unglück betrübte uns, außer dass ein Maurer durch Unvorsichtigkeit die frisch zusammengesetzte große Rose im Mittelfelde der Front zum Sturze brachte und bei dem 12 Meter tiefen Fall sich einen schweren Oberschenkelbruch nebst etlichen mehr schmerzhaften als gefährlichen Beulen zuzog. Auch er ist hergestellt.

Der Bau kam gut und rechtzeitig unter Dach. Die Gemeinde scheute die Kosten nicht, die riesige Dachfläche (fast 800 qm) durch Asphaltdocken vor den Einflüssen der Witterung sicherer zu stellen. Es wurde beschlossen, der Absicht der Stiftungen der A.-G. Phönix und des Herrn Kommerzienrates Kamp entsprechend, den Anstrich und die Verglasung reicher zu gestalten. Dafür wurden 3100 Mark ausgeworfen. Mit der wichtigen Aufgabe des Anstrichs wurde aufgrund eines Wettbewerbes die Firma Blumenberg & Witte in Düsseldorf betraut. Je näher der Tag der Einweihung rückte, desto mehr häufte sich die Arbeit, und ohne das rastlose Vorwärtstreiben des Bauführers wären wir wohl nicht einmal so weit gekommen, wie es heute steht. Da wurde die Wirkung jedes Farbentons ausgeprobt, unverdrossen wurden große Flächen, die zum Ganzen nicht stimmten, neu übermalt. Unser Architekt wollte zeigen, was sich mit einfachsten Mitteln erreichen lässt. Trotz der großen Hitze draußen wurde noch geheizt, damit die Wände rascher trockneten. Danach scheint es uns, als ob das gewählte Beheizungssystem sich bewähre. Es ist eine Luftheizung mit Wasserverdampfung von Gebr. Mahr in Aachen. Die kalte Luft wird in Zeiten, wo die Kirche nicht gebraucht wird, aus dem Kirchenraum selbst zur Heizkammer geführt, wodurch ein sehr schnell wirkender Kreislauf erzielt wird. Während der Gottesdienste wird die kalte Luft von draußen zugeführt, wodurch die Entstehung von Zugluft zum guten Teile verhindert wird, und stets angewärmte frische Luft zutritt.

Ein Freudentag für jung und alt war es, als die Glocken eintrafen. Sie wiegen zusammen 2300 kg. und sind mit recht starker Rippe gegossen, ihr Klang ist voll und schön. Zum Montieren erschien der Sohn des Glockengießers Pfeifer, Kaiserslautern und unter seiner energischen und glänzenden Leitung wurde das schwierige Werk der Montage des Glockenstuhls und der Glocken scheinbar spielend bewältigt. Doch kostete es manchen Schweißtropfen, und es gab manchen spannenden Moment.

Die von E. Korfhage in Buer bei Osnabrück gelieferte Uhr schlägt halbe und ganze Stunden; sie scheint allen Anforderungen zu genügen.

Die neue Orgel bildet das Glanzstück der neuen Kirche. Ihr mächtiger Prospekt, von Niebel entworfen, beherrscht das Kircheninnere, und ihre zarten und gewaltigen Töne werden am Einweihungstage unter der Meisterhand des Herrn Professor Franke aus Cöln gewiss alle Herzen bewegen.

Die evangelische Gemeinde zu Beeck, mit der wir immer noch durch zahlreiche Beziehungen eng verbunden sind, erfreute uns durch einen vornehm ausgeführten steinernen Abendmahlstisch; sie hat uns auch dadurch geholfen, dass sie uns die nun überflüssig werdende Orgel in der Kapelle für ihre Tochtergemeinde Bruckhausen um 1775 Mk. abkauft.

Ein wertvolles Geschenk ward uns von einem der Alten der Gemeinde, Herrn Walter Kampen, in Gestalt einer schönen Kanzelbibel.

Die Unkosten des Baues lassen sich im ganzen noch nicht übersehen. Bis zum 1. Juni waren 137571,35 Mk. für Bauplatz und Kirche verausgabt. Die Kosten werden, ohne den Bauplatz, etwas über 150000 Mk. betragen. Sie sind gedeckt durch die freiwilligen Leistungen, die reichen Gaben und – eine Anleihe von 80000 Mk. Unser stärkster Steuerzahler, Herr Kommerzienrat Kamp, hat uns verlassen. Die Kamp-Stiftung der für alle sozialen Zwecke so lebhaft interessierten Eheleute wird ihren Namen wert machen bei den Kleinen und den Armen. Sind doch die Zinsen der 10 000 Mk. bestimmt für die Beschaffung von guter Milch für Wöchnerinnen und Säuglinge und für die Pflege von kranken Kindern. Auch daran zu gedenken ist heute der rechte Tag.

Die Gemeinde geht schweren Zeiten entgegen. Wie der Rückgang der Industrie, die bedrohliche politische Lage fast jeden unserer Mitglieder berührt, so wird die Gemeinde als Ganzes darunter zu leiden haben. Die Aufbringung der Zinsen wird nicht leicht sein. Da ist Raum für die Freiwilligkeit unserer Gemeindeglieder und für die Betätigung brüderlicher Hülfsbereitschaft, der wir schon jetzt aus nah und fern so viel verdanken.

Unsere neue Kirche aber sei durch Gottes Gnade eine Stätte, wo Bekümmerten und Beladenen der Trost der Gnade Gottes ganz und unverkümmert dargereicht werde, wo sein heiliges Gesetz alle falsche Anmaßung darniederschlage und sein tröstlich Evangelium jeden in Wahrheit Betrübten aufrichte! Es werde in ihr gepredigt das ganze Wort und allein verherrlicht der Name des Herrn Jesu Christi!

Das Presbyterium:
Fritz Horn, Pfarrer, Carl Cloos, Kirchmeister, Clemens  Kampen,
Ältester, Wilhelm Lacum, Ältester, Hermann Scholten, Ältester,
Heinrich Gooßes, Diakon, Carl Schopen, Diakon.

 

Baubeschreibung.

Ein bedeutsames Denkmal protestantischer Kirchenbaukunst ist die dem öffentlichen Gottesdienst übergebene neue evangelische Kirche zu Duisburg-Laar. Ihre neuartige Anlage lässt es als nötig erscheinen, einen Rückblick auf die Entwickelung des evangelischen Kirchengebäudes zu werfen. Wir finden dabei, dass im Laufe der Zeit sich hier Wandlungen vollzogen haben, die scharf die früheren Vorbilder von den jetzigen Anlagen trennen. Als nach der Reformation die evangelische Kirche ins Leben trat, übernahmen die zum evangelischen Glauben übergetretenen Gemeinden die katholischen Kirchen. Diese Kirchen hatten vornehmlich Basilikaform, d. h. ein saalartiges Langhaus mitunter mit Seitenschiffen angeschlossen bildete die Anlage dieser Kirchen. Lange hat man diesen aus der katholischen Kirche übernommenen Grundriss bei den evangelischen Kirchenneubauten, festgehalten. Indes hat die moderne Bewegung der letzten Dezennien auf fast allen Gebieten des bürgerlichen wie religiösen Lebens, Wandlungen durchgemacht, die nicht ohne Einfluss auf die Entwickelung des evangelischen Kirchengebäudes geblieben sind. Es ist ein erfreulicher Zug in der letzten Zeit, wahrzunehmen, wie gerade im evangelischen Kirchengebäude sich neues Leben zu neuen eigenartigen Lösungen sowohl im inneren Organismus der Dispositionen, wie auch in Bezug auf die Ausbildung der Architektur, kundgibt. Diese Bestrebungen trugen jedoch nicht die Absicht willkürlicher Tendenz, sondern sie entstanden aus praktischen Erwägungen und Forderungen mit dem Ziele, für die evangelischen Gemeinden Predigtkirchen zu schaffen. Wohl mögen die Basilikenanlagen der katholischen Kirche mit ihrem festgefügten starren Dogma und der in der Mitte des Hauptgottesdienstes stehenden Messe als Grundform entsprechen, keineswegs aber können sie für die Predigt, die den Höhepunkt im evangelischen Gottesdienst bildet, genügen. Diese Erwägungen hatten zur Folge, dass man da und dort bei den evangelischen Kirchenneubauten von dem alten Basilikengrundriss abwich und zur Centralanlage die schon in der Sophienkirche des alten Byzanz ihr Vorbild findet, zurückkehrte. Diese Grundsätze haben auch bei der Erbauung, resp. Projektierung der neuen evgl. Kirche zu Duisburg-Laar vorgelegen und sind in ausgezeichneter Weise berücksichtigt und zur Geltung gebracht worden.

Zur Vorgeschichte dieser Kirche sei erwähnt, dass dieselbe nach den Entwürfen des Architekten Fritz Niebel, Düsseldorf aus einem engeren Wettbewerb zur Ausführung angenommen wurde. Die Disposition ihrer Anlage, welche wir in folgendem geben, zeigt in ihrer Gesamtform ein kurzes Rechteck. Beginnen wir mit der Skizzierung des Grundrisses, so lässt sich derselbe in der Weise zerlegen, dass an zwei breite Haupttreppen eine geräumige Vorhalle angeschlossen, hinter welcher der Hauptraum der Kirche, ein beinahe quadratischer Grundrisskern, sich befindet. In der Verlängerung der Achse dieses Hauptraumes schließt sich ein Chorflügel an, der Orgelempore, Kanzel und Altarraum aufnimmt. Links von diesem befindet sich die Sakristei, von welcher der Pfarrer ungesehen durch einen Gang unter der Orgelempore zur Kanzel gelangen kann. Die Kirche erfährt ferner in der Richtung nach links vom Hauptraum eine Erweiterung durch einen Kreuzflügel der oberhalb eine Empore aufnimmt. Eine weitere Empore, die mit der eben erwähnten verbunden und zugänglich gemacht wurde, befindet sich über den Vorhallen. Die Vorhalle ist ihrerseits wieder in drei Teile zergliedert, deren mittlerer Teil gleichzeitig für kleinere kirchliche Handlungen wie Taufen, Trauungen benützt werden kann. Für den sonntäglichen Gottesdienst ist diese Kapelle jedoch Durchgangsraum. Links der Vorhalle ist zwischen diese und dem seitlichen Kreuzflügel der Hauptturm eingegliedert. Die Communication des Publikums auf den Emporen erfolgt durch eine Treppe im Hauptturm und dem zwischen Sakristei und Seitenschiff eingebauten Treppenturm. Die Kirche kann incl. der Sängersitze auf der Orgelempore über 800 Kirchenbesucher aufnehmen.

Auf diese klar und zweckdienlich disponierte Grundrissdisposition, die schon in der Anlage eine gute Gruppierung vorgesehen hat, baut sich die Kirche in der Weise auf, dass die einzelnen Baugruppen zu einem einheitlich wirkenden malerischen Gebäudekomplex vereinigt sind; zerlegen wir diese in vier Seiten der Kirche, so ergeben sie in sich abgeschlossene, jedoch den Zusammenhang mit den anderen Bauteilen wahrend, reizvolle Bilder von prächtiger Gruppierung. Diese tragen alle eine Tendenz, die gleichzeitig treffend evangelisches Wesen, evangelische Glaubensanschauung, sofern sie auf Gottes ewiges Wort sich aufbaut, charakterisieren. Diese sind Einfachheit, Klarheit, Wahrheit, welche am Äußeren und Inneren der Kirche treffend zum Ausdruck gebracht wurden. Alle unnötigen Gesimse und Verschnörkelungen sind vermieden, um der Kirche ihre monumentale Ruhe zu bewahren. In schöner Linienführung steigen die einzelnen Bauteile logisch aus dem inneren Zusammenhang hervor. Gruppe, Silhouette, Durchbrechung, und das mit eminentester Einfachheit, sind die einzigen Mittel die dem Architekten mit Rücksicht auf die größte Kosteneinschränkung zu Gebote standen. Keine treffendere Analogie könnte für die Schöpfung dieser Kirche gegenübergestellt werden, als ein schöner Mensch, der von Natur durch gute Proportionen und edle Formen ausgestattet ist und keines weiteren Hülfmittels oder Aufputzes bedarf, um schön zu erscheinen. Gerade so wirkt auch hier die Kirche nicht durch blendenden Schmuck und Aufputz, sondern durch wohlgeordnete gute Raum- und Körperverhältnisse. Das prächtige Tuffsteingemäuer der Kirche empfängt durch einige da und dort zufällig eingefügte knorrige Sandsteinbossen eine sehr gut wirkende dekorative Abwechselung. Als ein weiteres belebendes Element tritt dann noch die Farbe hinzu, deren Anwendung, wenn sie mit feinem Geschmack geschieht, nicht genug empfohlen werden kann. Früher konnte man sich nicht genug tun im Überstreichen der Gebäudefronten mit trüben traurigen Farben; wäre es nicht schöner, das Leben, das so wie so schon durch den Kampf und die Leiden der Menschheit mit Trauer umflort ist, durch heitere und fröhliche Farbenstimmungen zu umgeben? Dass die Farbe auf das Gemütsleben von nicht unbedeutendem Einfluss ist, können wir an trüben oder schönen Tagen an uns selbst wahrnehmen. Solche ungebrochenen Farben sind auch am Äußeren und Innern des Kirchengebäudes sehr dezent angetragen und beleben außerordentlich wohltuend die ruhigen Flächen. Es dürfte noch erübrigen, dieser allgemeinen Skizzierung des architektonischen und ästhetischen Wertes des Kirchenäußeren eine weitere Beschreibung und Detaillierung folgen zu lassen, um so dem Laien der zum größten Teil noch fest unter dem Eindruck des Conventionellen steht, einen verständnisvollen Genuss neuzeitlicher Bestrebungen in der Baukunst zu ermöglichen.

Wer musikalisches Gehör besitzt, wird die Beobachtung gemacht haben, dass in einem Musikwerk stets ein Rythmus der Tonfiguren und des Taktes wiederkehrt, oder wenn neue Figuren dazu treten, diese sich dem Rythmus der ersten anschließen und unterordnen. Dies in der Musik herrschende Gesetz finden wir auch in der Architektur, und es ist deshalb nicht unrichtig, diese als versteinerte Musik zu bezeichnen. Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet, ist die Architektur eine Kunst, die die Aufgabe hat, das tote Material, sei es Stein, Holz, Eisen in harmonische Wechselwirkung zu Raum, Flächen und Körperbildungen zu vereinigen; mit anderen Worten, der Architekt als Künstler ist Komponist zum Unterschied des Technikers oder Bauunternehmers, der handwerksmäßig nach bestimmten Regeln und Vorschriften seinen Bau konstruiert. Unter steter Berücksichtigung der statischen Funktionen des Bauwerkes, sowie seiner praktischen Zweckforderungen komponiert nun der Baukünstler, indem er zunächst die Mauern miteinander zu Gruppen verbindet, diese nach der Höhe, Breite, Tiefe dimensioniert, sie abschließt, silhouettiert, die Mauerdurchbrechungen der Türen, Fenster etc. zu einem harmonischen Ganzen vereinigt. Lassen wir nach diesen Ausführungen einmal die Kirche an unseren Augen vorüber ziehen, so finden wir z. B. an der Vorderseite dasselbe Gesetz rythmischer Strenge und Feingefühls. Lassen wir zunächst bei der Betrachtung die Details beiseite, so wirkt der Turm bis in die Höhe der krönenden Flankiertürmchen als ein längliches Rechteck. Hier musste er abschließen, um nicht überschlank und kraftlos zu erscheinen und das Gegengewicht mit dem mit ihm verwachsenen Giebel zu stören. Andererseits musste auch der Giebel in seiner Wechselwirkung zum Turm, da er bedeutend niedriger als dieser ist, eine breitere Basis erhalten, die schon im Grundriss glücklicherweise disponiert war. Um Turm und Giebel nicht unvermittelt und schroff aus der Erde aufwachsen zu lassen, tritt als terrassierendes Motiv die vorgezogene Vorhalle dazu, welche in den Treppen und Wangen derselben eine schließliche Überführung der Mauermassen zur Erde bewirkt. Der Rythmus der Silhouette, das im großen Giebeldreieck als Grundmotiv anfing, findet seine Wiederholung in den Giebeldreiecken des Turmes und der Vorhallen. Ähnlichkeitsfiguren, die rythmisch an den Vorder- und Seitenansichten sich wiederholen, sind der Kreis und Halbkreis, welche in den unteren Eingängen, an der Rose, den Seitenfassaden ihre Wiederholung finden. Ebenso finden sich Wiederkehrungen des Turmhelmes an den seitlichen Flankiertürmchen und dem seitlichen Treppenturm. Dieser Rythmus der in Raum, Fläche, Form und Farbe die Kirche so einheitlich durchzieht, ferner die imposante Ruhe, die überall gleichmäßig durch die breiten Mauermassen hervorgerufen wird, sind es, welche die Kirche so schön er-scheinen lassen. Aber auch das Detail ist mit viel Liebe und erfinderischer Phantasie behandelt. Sehr interessant wirkt die Linienführung des Maßwerks der großen Fensterrose des Hauptgiebels, ebenso die seitlichen Fensterbildungen. Die Laternen in die Oberlichter der Portaltüren zu setzen war eine glückliche Idee; dieselben werden bei Nachtbeleuchtung wie Feueraugen in den kleinen Portalen wirken. So könnten wir ins einzelne bis herunter zu den Mauerfugen den Rythmus des Bauwerks nachweisen, allein es würde zu weit führen, und wir überlassen dies der Phantasie des Einzelnen. Die Absicht war die, das Reich der Empfindung dem Verstande nahe zu bringen, es zu analysieren.

Dasselbe rythmische Gesetz, welches das Äußere der Kirche zu einer Kunstleistung stempelt, dieselbe imponierende Ruhe und Einfachheit, ganz eines evangelischen Gotteshauses würdig, durchzieht auch das Innere. Keine düstere Dämmerstimmung beherrscht den Raum, wie man es so häufig in katholischen Kirchen antrifft, sondern durch die großen Fensteröffnungen wird das Licht in seiner Fülle über den ganzen Raum ausgegossen und gibt mit seiner dezenten Farbengebung dem ganzen eine festlich frohe Stimmung. Die Dimensionen der zueinander wirkenden Linien, Körper, Flächenverhältnisse sind gut abgewogen und verteilt. Auch hier finden wir wieder dieselben Architekturelemente, die gerade Linie, den Kreis und Halbkreis, die in den Wänden den Linienführungen der einzelnen Bauteile und dem mächtig wirkenden Tonnengewölbe zu einem einheitlichen Ganzen miteinander verbunden sind. Die architektonische Gesamtwirkung von Orgel, Altar und Kanzel gehört zum Besten der Kirche; sie zeigt des Künstlers eigenartiges Wollen und Können und ist insbesondere mit den eminent einfachen Mitteln, mit welchen sie hervorgerufen wurde, eine Tat von vorbildlicher Bedeutung für den evangelischen Kirchenbau. Das Sprüchwort "Eigenart spart" bewahrheitet sich auch hier. Eine sehr feine Stimmung erfährt die Kirche durch die graue Lasur des Holzwerkes, die zu großer Massenwirkung gesteigert und als wohltuender Gegensatz zu dem warmgespritzten Wandton in die Erscheinung tritt. Da bekanntlich die bunte Farbe auf neutralem Grund zu feinster Wirkung kommt, so war es die Absicht des Künstlers, den Emporenbrüstungen eine reizvolle Abwechslung zu geben. Dieses grün-weiße Farbenduett, das außerordentlich anmutig und frisch die Flächen der Brüstungen belebt, und wie ein grüner Kranz die Emporenbrüstungen durchzieht, setzt sich in dem grünen Weinlaubfries des Triumphbogens weiter fort, neue Farbentöne treten hinzu, die in der blendend weißen Orgel mit dezenter Vergoldung zu höchster Glanzwirkung gebracht, ihren Abschluss finden. Die Farbenrythmik ist dann bis zu den Pfosten der Emporen herunter geführt, wo wir wieder dasselbe grün-weiße Motiv wiederholt finden. Das Holzwerk der Kirche ist aus Pitsch Pine Holz und wie am Äußeren der Kirche jedes unnötige Gesims und Beiwerk vermieden. Auch hier liegt in der zweckmäßigen Konstruktion und der flächigen Behandlung der Hauptreiz. Interessant sind die kräftigen Stützen der Emporen, am Kopfende mit ausgeschweiften Brettern versehen, die wie ausragende Arme die Last der Emporen aufnehmen.

In den Zusammenhang des Inneren bezogen sind auch die Glasfenster. Hier galt es ebenfalls sehr einfach und mit dem geringsten Kostenaufwand gute Wirkungen zu erreichen. Dies ist besonders geglückt, durch einige farbige Scheiben, deren strenges geometrisches Muster, das in seiner Linienführung famos die rythmischen Linien der Grundfiguren wiederholt, sich harmonisch in den Rahmen des Ganzen einfügt.

Eine bemerkenswerte architektonische Einzelheit von sehr eigenartiger dekorativer Wirkung sind die schmiedeeisernen Beleuchtungskörper mit dem grobkörnigen Hammerschlag.

Noch manches wäre der Erwähnung würdig, indes ist es nicht in der Absicht, eine erschöpfende Darstellung aller Einzelheiten zu geben, vielmehr zu zeigen, welche Gesichtspunkte und Bedingungen, welche praktischen und ästetischen Tendenzen bei der Projektierung und dem Bau der Kirche maßgebend waren. Das Ganze zusammenfassend muss betont werden, dass es keine leichte Aufgabe für den Architekten war, unter dem besonderen Hinweis auf die geringe Bausumme von ca. 150 000,– M, für welche die Kirche erbaut wurde, ein Werk zu schaffen, von solch monumentaler Wirkung. In der Beschränkung zeigt sich der Meister, das trifft auch hier voll und ganz zu.

Diese Bestrebungen werden in der Zukunft um so höher gewürdigt werden, als die evangelische Kirche nicht wie die katholische über große Stiftungen und Geldmittel verfügt, sondern darauf bedacht sein muss, in sparsamster Weise bei ihren Kirchenneubauten zu verfahren.


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